Auf den Spuren von Wilhelm Mönch

Wilhelm Mönch in seinem Weinberg. Oberlehrer, Heimatforscher und ein wesentlicher Förderer des heimischen Obs- und Weinbaus
Wilhelm Mönch in seinem Weinberg. Oberlehrer, Heimatforscher und ein wesentlicher Förderer des heimischen Obs- und Weinbaus

Wir schreiben 1924. Es sind heuer 100 Jahre verflossen seit das Schloßgut Roseck vom Besitz des Staates in Privateigentum überging. Dieser Umstand mag und Veranlassung geben, nicht nur der Besitzer im letzten Jahrhundert, sondern alles was uns aus Roseck`s Vergangenheit bekannt ist zu gedenken.

Wer von Herrenberg nach Tübingen fährt oder auf der Landstraße wandert, sieht bald hinter dem westlichen Ausgang des Dorfes Unterjesingen von der anmutigen Höhe des Schönbuchrandes das idyllisch gelegene Bergschlößchen herabgrüßen.

Roseck, auf einem Bergvorsprung zwischen dem Enzbach, einem unter Gras und Blumen beinahe versteckten Bächlein und dessen Zufluss. Die beherrschende Lage auf einer Terrasse des Stubensandsteins. Der wuchtige Bau, umgeben von Mauern und Wallgräben, zeigen uns die Burg an, die einst von hier oben Schönbuchland beherrschte.

Albverein Exkursion mit Wilhelm Mönch in den 30ern
Albverein Exkursion mit Wilhelm Mönch in den 30ern

Doch stammt das Hauptgebäude nicht mehr von Rosecks ältester Zeit!

Ein drei stöckiges Wohngebäude mit Walmdach ist durch 2 Querbauten mit einem zweistöckigen

Wohnhaus mit Halbwalmdach zu einem Ganzen verschmolzen, In dessen Mitte sich ein kleiner Lichthof der Sonne öffnet. Die harmonischen Größenverhältnisse der Anlage, besonders die Maßarbeit der Fenster, weisen auf eine Bauzeit in der frühen Renaissance hin (etwa 1500-1550).

Als Zweckmäßigkeitsbau, das Verwaltungsgebäude der Bebenhäuser Klosterpflege hat aus architektonischer Sicht nichts Bemerkenswertes. Sein einziger Schmuck ist ein Glockentürmchen, eine Turmuhr und eine Sonnenuhr an der Südostecke der inneren Burgmauer.

Dagegen hat die Natur das Schloß mit einem grünen Kranz von Nadel- und Laubbäumen umwunden und geziert. Auf der Südostseite hebt es sich über den grünen Mantel der den Abhang schmückenden Weinrebe, bis sie unten vom Hopfen abgelöst wird.

Auf der nordwestlichen Seite ragt es über einem Obstwäldchen empor, das sich bis zum Fuße des Abhangs hinabzieht.

Von der dem Schloß gegenüberliegenden Höhe, der Eulenhalde, bietet dieses den liebsten Anblick, zumal die Bäume einer Allee, die hinaus zum Hoffeld führen, es mit dem Wald und den umsäumenden Zierpflanzen verbindet.

So umschlingt die Natur die ganze Anlage, in die sich auch die in den letzten Jahren erbaute Kapelle einfügt, zu einem harmonischen Ganzen, das ungemein malerisch wirkt, zumal sich die Ökonomiegebäude von dieser Seite nicht so vordrängen, wie auf der Südostseite. Hier kommt zwar das Schloß selbst mit seiner eigentlichen Vorder- und Schauseite besser zur Geltung, aber das Malerische steht infolge des vorgelagerten Wirtschaftsgebäudes, des Fehlens von Bäumen und der abgetrennten Lage der Kapelle weit hinter der Rückseite zurück.

Leider ist die alte Schlosslinde auf der Ostseite hinter dem Ringgraben, die über 5 Jahrhunderte den Stürmen getrotzt und als natürlicher Blitzableiter das Schloß beschirmt hat, den entfesselten Elementen erlegen. Vor 2 Jahren brach sie einige Tage nach einem rasenden Sturm plötzlich in sich zusammen. Sie galt als Sehenswürdigkeit und findet im württembergischen Baumbuch Erwähnung. Ihr Stammumfang betrug fast 6 Meter.

Die alte Burganlage besehen oder die prächtige Aussicht genießen, können wir vom Bahnhof Pfäffingen über den Altenberg ins neue Rosecker- Sträßchen gelangen, das bequem zur Höhe führt. Oder wandern wir von Unterjesingen aus an Kirche und Kirchhof vorbei am Fuße des für seine Aussicht berühmten Baylerbergs, dann über einen kleinen Höhenrücken, den Spielberg hinunter ins Tal, wo unweit des Hegnabrunnes einst eine Römervilla stand, auf dem heutigen Hopfengarten 150m südlich der Brunenenstube und von hier auf dem alten Rosecker Steiglein vollends bis zum Schloß.

Oberlehrer Mönch mit Jahrgang 1933 +34
Oberlehrer Mönch mit Jahrgang 1933 +34

Der Hegnabronnen diente ursprünglich der Römervilla, später der alemannischen Siedlung Lachen, einem längst abgegangenen Weiler im Rosecker Tälchen, zur Wasserversorgung. Im Jahr 1535 erwarb ihn die Gemeinde Jesingen um 5 Gulden von dem Pfäffinger Jörg Pfulber und leitete das Wasser in Teicheln in den Ort, wo es heute noch den Rathausbrunnen speist; seit 1874 mittelst gusseiserner Röhren. Die älteste Wasserzuleitung Unterjeingens wurde von einer Brunnenstube gespeist, die einige hundert Meter östlich vom Hegnabrunnen im Winkel zwischen der Weinberghalde Bräuning und dem Wald Reute sich auf dem Grundstück von Rosenwirt Gamerdinger befand, aber leider vor einigen Jahren heraus gerissen wurde.

Roseck ist von Tübingen aus durch das Hembachtal und von Hohen Entringen aus durch einen bequemen Höhenweg, langezogen am Waldesrand, erreichbar. Unweit von der Stelle, wo der Weg von Pfäffingen her in diesen Höhenweg einmündet (ca 50 m nördlich davon) steht im Wald ein Sühnekreuz, im Volksmund das Pestkreuz. Auf der Höhe, 450 m über dem Meer angekommen, sind wir beeindruckt von der prächtigen Fernsicht, die lieblich und großartig zugleich genannt werden darf. Vom Rande des nord- und westwärts im fernen Hintergrunde sich hinziehenden Schwarzwalds, der sich schließlich mit der Felsenstirn der Alb im Süden über die Wurmlinger Schwelle (zwischen Kapellberg und Pfaffenberg) geschaut zu vereinen scheint, neigt sich die dörferbesähte Platte des Gäus gegen uns. Wir übersehen das anmutige Ammertal mit seinen freundlichen Ortschaften, sowie den Schönbuchrand, bis er bei Herrenberg ostwärts umbiegt, nachdem er mit dem Schloßberg seine lange Nase ins Gäu streckt. Deutlich sehen wir noch, wie sich die gewaltige Kuppel der Herrenberger Stiftskirche über die Häuser der Stadt erhebt.

Den Blick nach Süden und Südwesten gerichtet, erblicken wir die Wurmlinger Kapelle und den Spitzberg bis zum Bismarckturm, die Stadt Rottenburg und ihren umgebenden Kapellenberg, dahinter am Saume der Waldberge des Rammerts die Weilerburg, Geburtsstätte der Hohenberger Gräfin Anna, Gemahlin des Kaisers Rudolf von Habsburg. Hinter dem Rammert schließlich die Vorberge der Alb, die vom Plettenberg bis zur Achalm hervortreten.

Die Aussicht von den oberen Räumen des Schlosses ist noch eine ausgedehntere und gehört zu den schönsten der Region. Da die Wirtschaft beim Übergang auf den jetzigen Besitzer geschlossen wurde, müssen wir uns mit dem bescheiden, was wir außerhalb der Schlossmauern überblicken können. Vom Schlosse aus sieht man noch den Kniebis und die Hornisgrinde; bei besonders klarem Wetter sollen sogar die Alpen noch sichtbar sein. Selbst eine nüchterne Seele muß von dem Zauber der Landschaft ergriffen werden, wenn die Blicke über das herrliche Land, weit über Tal und Hügel schweifen. Welche Gefühle und Stimmungen die Landschaft in der Seele des Dichters auszulösen vermag, lassen wir uns von dem 1918 leider gefallenen Tübinger Ludwig Knapp schildern.

Schloß Roseck
Der vormals Ihr gehaust auf diesem Schloß
Herr Ritter sagt, was Ihr gefühlt,
wenn sanft der Abendwind die Luft gekühlt
und lichte Glut sich ins Gemach ergoss
Wenn so mir heut der Sonne letzter Glanz
Am Himmelstand als strahlende Monstranz
Ihr saht die fernen, blauen Berge schwellen
Und auf den Höhn die Burgen und Kapellen
Im Fensterglanz die letzten Grüße tauschen
Am Abend hörtet Ihr die Tannen rauschen
Die feuchten Nebel wallten auf den Wiesen
Ergriff da eure Seele nicht ein Leben
Als wollte hoch sie ob den Tälern schweben
Und wonnevoll im Abendrot verfließen
Habt ihr euch auch gesehnt, den ewigen Bahnen
Des flüchtigen Menschenlebens zu entrinnen
Der grauen Vorzeit Schätze zu gewinnen
Der allerfernsten Zukunft Geist zu ahnen
Habt Ihr es auch gefühlt, das herbe Leid
Des frühen Todes, der Vergänglichkeit
Dem flüchtigen Menschenleben zu entkommen
Wohin habt ihr sie mitgenommen
Die grauen Vorzeitschätze Eurer Ahnen
Vergänglich alles; Leben, Leib und Gut,
Schmerz, Lust und Liebe - wie die Rosenglut,
Die dort verblühn in kurzen Abendstunden
Herr Ritter sprecht, habt Ihr das auch empfunden
Ihr ruht jahrhundertlang in feuchter Gruft
Doch heut erhebt Euch in die Abendluft
Verlaßt den Grabstein an der Kirchenwand
Kommt setzt euch zu mir, reicht mir die Hand

Weniger beglückt als die Freunde der Natur waren die des Altertums. Sämtliche Gebäude samt den Türmen mußten dem Verwaltungsgebäude für die Bebenhäuser Klosterpflege weichen. Noch gut erhalten ist der Burggraben, der die ganze Burg auf drei Seiten umzog; auf der Südostseite ist er zugunsten eines Weges, der zum Hoffeld führtaufgefüllt worden: auch auf der Südwestseite, der ab der schwächsten Stelle der Burganlage besonders tief war und über die Zugbrücke zum Schloßeingang führte, füllte man vermutlich erst zwischen 1850-1855 auf. Bis vor wenigen Jahrzehnten war auf der Nordwestseite ein Teil des Wehrumgangs zu sehen. Jetzt ist er durch die Errichtung von Anbauten verschwunden., die Schießscharten sind zu Gangfenstern zugestutzt worden. Die geringe Dicke der Außenmauern auf der Südwestseite deutet darauf hin, dass sie, vermutlich um 1800, als Ersatz der ursprünglichen Mauer errichtet wurde. Dies bestätigt auch eine Geschichtsquelle;

In Tübingen und seine Umgebung aus dem Jahre 1829 lesen wir:

"Roseck erhebt sich wie Hohenentringen auf einem Bergvorsprung von geringer Höhe. Das Ganze umgibt gleichfalls ein Graben, über den noch eine Zugbrücke führt. Die äußeren Teile der Burg, scheinen sehr alt, gegen die Vorderseite hin sind die noch stehenden Mauern höchst geschmacklos erneuert. Das eigentliche Schloßgebäude, zum Teil aus älterer Zeit, ist bei weitem ansehnlicher als das zu Hohenentringen ..."

Ob diese Ansicht richtig ist, wird vielleicht eine Untersuchung des Burgenforschers Koch-Söflfingen ergeben, der Ende November die Burgruine Müneck bei Breitenholz untersuchte und auch Hohenentringen und Roseck zu besichtigen und aufzunehmen gedenkt. Das Merkwürdigste, was wir noch auf dem Schlößlein finden, ist der tiefe, steinerne Bronnen. Dieser 180 fuß, tiefe, ausgemauerte Ziehbrunnnen , an dem mittels eines Tretrads, der leere Eimer abwärts, der volle aufwärts ging, versah die Schloßbewohner bis zum Jahr 1909 mit gutem Trinkwasser. Diese Tiefbrunnen gibt es schon seit tausenden von Jahren, um das Grundwasser oder eine unterirdische Wasserader anzuzapfen. Danach wurde das Wasser mitten eines Widders zum Schloß gepumpt und damit auch das Vieh getränkt. Dieses hydraulische, automatisierte Pumpsystem erzeugt durch ständiges Öffnen und Schließen über Schwingungen eine Wassersäule, welche ohne äußere Energie das Wasser in die Höhe pumpt, wie der Stoß eines Widders. Zuvor mußte man das Vieh zu einem Brünnlein im Walde, am Fuße des nordwestlichen Schloßbergabhangs abhangs treiben, gespeist aus jener Quelle, die sich nach kurzem Lauf mit dem Enzbach vereinigt. Das Schloss liegt auf der Landzunge der Talschluchten, durch welche die beiden Bächlein fließen. Bei ihrem Vereinigungspunkt waren sie einst, durch eine kleine Talsperre zu einem Fischwasser gestaut, der zu Zeiten des Klosters Bebenhausen die Mönche mit der beliebten Fastenspeise versah. Der Damm wurde wohl bei einem Hochwasser zerrissen, ist aber noch am Roecker Sträßchen gut sichtbar. In dem einstigen, ummauerten Park steht das 1923 erbaute, katholische Kirchlein, welches Architekt "Herkommer" aus Stuttgart, nach dem vereinfachten Plan der Peterskirche in Rom, als Achteckkonstruktion mit kurzem Schiffsanbau, Sakristei, erbaute. Darüber ein oktogonales Kuppeldach mit Laternenanbau und Abschlußkuppel. Die Wirkung der gefälligen Kapelle verliert ein wenig durch das hinter ihr stehende Hochreservoir. Das Hofgut umfaßt 10ha, 10ha Wald und 40ha Feld. Angebaut wird in der Hauptsache Getreide und Obst. Hauptstütze des landwirtschaftlichen Betriebs sind die etwa 3000 Bäume am Wege und in den Obstgärten. Der Obstbau scheint von jeher gepflegt worden zu sein. Denn schon vor gut 100 Jahren beim Verkauf des Staatsguts befanden sich 649 Obstbäume auf dem Hofe. Eine Spezialität waren die riesengroßen Mannsbirnbäume, deren üppigen Früchte schon Mitte August reifen. Einige Bäume davon sind noch vorhanden. 1864 führte man den Hopfenbau ein. Über Jahrzehnte in größerem Maßstab betrieben ist er inzwischen wieder eingestellt worden.

Leider wissen wir wenig aus Rosecks älterer Vergangenheit. Wahrscheinlich würde es als Burganlage von den Pfalzgrafen von Tübingen erbaut, die von einem Burgenkranz am Schönbuchrand ihr Gebiet gegen die Nachbarn, die Grafen von Hohenberg und Württemberg schützten. Neben Roseck waren dies, unter anderen, die Ammerburg, auch Wehingen genannt, gegenüber der Jesinger unteren Mühle, Hohenentringen, Müneck bei Breitenholz, Schloß Herrenberg und Burg Rohrau auf dem Schloßberg, ursprünglich im Dorfe selbst ein Wasserschloß an Stelle der Kirche.

Wilhelm Mönch Heitmatforscher, Oberlehrer, Obst- und Weinbau- Kenner
Wilhelm Mönch Heitmatforscher, Oberlehrer, Obst- und Weinbau- Kenner

Die Lehensleute des Pfalzgrafen auf den Burgen verselbständigten sich im Laufe der Zeit, mit dem Niedergang desselben. Rosecks Name findet erstmals im Jahre 1287 Erwähnung. Die Sindlinger Chronik berichtet von Graf Gottfried, der sich mit Eberhard dem Erlauchten von Württemberg verbündete, welche im Kriege gegen die Esslinger und Hohenberger unterlagen und sich in Esslingen Kaiser Rudolf von Habsburg, Schwager des Grafen von Hohenberg, unterwarfen und zur Sühne am 23. Okt 1287 auch die Burg Roseck übergeben mußten. Dies lag nämlich dem Gebiet des Grafen von Hohenberg am nächsten. Der Landgraben bei Unterjesingen bildete die Grenze und beherrschte den Weg nach dem hohenbergischen Rottenburg. Die Namen der mit der Burg belehnten Ritter kennen wir nicht! Wir wissen von der Inbesitznahme durch die Herren von Ow Mitte des 14. Jhd. Hermann von Ow, genannt "Stänglin von Roseck" schenke im Jahre 1363 aus seiner Kelter zu Jesingen dem Franziskanerkloster Tübingen eine Weingült, die später an das Spital überging. Dafür lasen die Mönche für ihn, seine beiden Frauen und all seinen Vorfahren eine Jahrtagmesse. Die nächste Rosecker Urkunde stammt von 1394. Die ehrbare, wohlbescheidene Sigwiß von Owe von Roseck, Tochter des Ritters Hermann von Ow, Ritters Tochter übergibt vor dem Landgericht zu Rottenburg dem Sohn ihres Bruders alle Rechte, die sie gehabt zu Roseck der Burg, Jesingen dem Dorfe und einem Gut in Altingen mit allem Zubehör, wie solches von ihrem Vater und ihren beiden Brüdern Heinrich und Hermann ihr angefallen.

Die Originalurkunde befindet sich im Staatsarchiv Karlsruhe. Die Siegel der Zeugen waren diejenigen des Marquard von Ow zu Hurningen (wahrscheinlich Hirrlingen) und des freien Landrichters Werner Märheld, eines Ritters zu Wurmlingen. Der letzte Herr von Ow, Werner, genannt Stenglin zu Roseck, war verheiratet mit Anna von Frauenberg, Tochter des Rittes Wolf Frauenberg, dessen Stammburg bei Feuerbach lag. Werner starb kinderlos und seine Witwe heiratete Ritter "Burghard von Hölnstein", der dadurch in den Besitz Rosecks gelangte. Die Herren von Hölnstein ob Stetten gehörten dem hohenzollerischen Uradel an. Sie waren verwandt mit den Herren von Lichtenstein, die das gleiche Wappen besaßen. Ehemals waren die Hölnsteiner sehr begütert, stifteten aber sehr viel an Kirchen und Klöster und kamen deshalb immer mehr zurück. Burghard von Hölnstein (1372-1428) verkaufte seinen Anteil an der Burg Hölnstein und saß auf Roseck. Er schien in steter Geldverlegenheit gewesen zu sein und suchte sich durch Verkäufe seiner Schulden zu entledigen, in die er hauptsächlich durch Bürgschaft für die Ritter Friedrich Herder von Dußlingen und Heinrich von Hailfingen gegen die Witwe Adelheit von Lustnau geriet. 1395 verkaufte er an das Augustinerkloster in Tübingen (an Stelle des jetzigen Stifts) 2 Pfund Heller jährliche Gült aus seinem Weinberg zu Roseck in der Halde um 20 Pfund Heller. 1401 verkaufte er seinen Anteil an der Burg Frauenberg dem Dorf Feuerbach, und einen Hof in Ditzingen um 400 Gulden an Graf Eberhard von Württemberg. 1404 verkaufte er, seine Gattin und sein Sohn Georg sein Fischwasser in der Ammer an Adelheide Kaib, Gattin Auberlins von Hailfingen um 23 Goldgulden. Dieses ging von der Furt oberhalb Jesingens an Stelle der oberen Markwegbrücke bis Schwärzloch. 1408 schließlich sah sich Hölnstein gezwungen, das ganze Gut Roseck mit Leuten, Gütern, Weinbergen, der Vogtei, Zwingen und Bännen (Steuerrechte seiner leibeigenen Untertanen in Unterjesingen) an Heinz von Hailfingen zu versetzen. Dafür wurde dieser zum Mitschuldner und Bürge für Schulden von 500 Goldgulden an Ursel von Lichtenfels, Gattin, Ostertags von Lustnau.

Am 28.10 1410 verkaufte die Familie die Feste Roseck und Jesingen mit allem Zubehör, wozu außer der Kelter hinter der Kirche auch die Hirschhaldenkelter gehörte, um 2500 Goldgulden an das Kloster Bebenhausen. Um die Hirschhaldenkelter entspann sich ein Streit. Heinz von Hailfingen und Ostertag von Lustnau beanspruchten die einträgliche Steuerquelle als Erbe ihrer Väter, während Hölnstein sie als ablösbares Pfand erklärte. 1412 kaufte ihnen das Kloster die Rechte für 20 Gulden ab.

1430 kaufte Bebenhausen den hinter Roseck gelegenen Wald "Häse-Looh" von Heinrich von Hailfingen um 250 Gulden.

Mit der Reformation kam Roseck und Jesingen an Württemberg. Dieses verkaufte die an der Süd- u. Südosthalde gelegenen Weinberge an die Jesinger Bürger, behielt aber Schloß und Hofgut bis 1824. Das Kloster errichtete auf Roseck eine Klosterpflege, eine Art Finanz- oder Kameralamt, welches die Gefälle des Klosters für dieses, später für das herzogliche Kirchengut in Altingen, Bondorf, Breitenholz, Entringen, Öschelbronn und Unterjesingen verwaltete. Die Pflege bestand bis 1807. Wahrscheinlich blieb Burghard von Hölnstein als Pfleghofverwalter auf Roseck.

Sein Nachfolger war Heinrich von Hailfingen, der dort verstarb. Später wurden wurden die Pfleger den Verwaltungsbeamten entnommen. Die Schulmeister der Amtsorte waren im Nebenamt Unterpfleger, wie wir aus einem Grabstein an der Jesinger Kirche ersehen. Ein Pfleger hat sich an dem wahrscheinlich unter ihm angefertigten Kelternbaum in der Bebenhäuser Kelter hinter Kirche verewigt. Auf einem am Kelternbaum befestigten Holzschild sehen wir "Herr Johann Martin Hiller, derzeit Pfleger uff Roseck 1677".

Im Jahre 1821 erhält Unterjesingen für die früheren Schönbuchrechte 175 Morgen Wald der früheren Herrschaft Bebenhausen. Am 05.Juni 1824 ging die ehemalige Staatsdomäne Schloss Roseck durch Verkauf des königlichen Kameralamts Tübingen als Beauftragte der königlichen Finanzkammer des Schwarzwaldkreises in den Besitz des Ökonomierates Karl Friedrich Sick von Stuttgart über.

Der Kaufschilling für das Gut samt allen Rechten und Gerechtigkeiten betrug 11 000 Gulden.

Schon nach 2 Jahren wechselte der Hof seinen Besitzer: Rudolf Bernus, Bürger von Frankfurt, erwarb ihn um 10 500 Gulden. Nach dessen Tod im Jahre 1850 kam er durch Testament an Leonard Benz. Dieser verkauft den Besitz 1861 an Ökonom Riedlinger in Rottenburg um 40.000 Gulden. Durch Kaufvertrag vom 2.Okt. 1891 ging das Schlossgut an Bankdirektor Kaulla, Stuttgart für 70 000 Mark. Kaulla verkaufte um 180 00 M, bzw. vertauschte um Bauplätze in München im Jahre 1898 an ein Konsortium, zu dem Regierungsassessor Bergmann in Salzburg, Ingenieur Bayer in München und Rentner Erl in München gehörte. Nachdem der Kauf wieder rückgängig gemacht wurde erstand Gutspächter Heinrich Guoth das Anwesen für 85 000M. Dieser starb 1909. Seine Witwe verkaufte ihn dann an den jetzigen Besitzer, Seifenfabrikant Franz Oechsle in Plochingen, am 08. Mai 1917 um 230 000 M. Der Hof blieb nie im Besitz der Nachgeneration, was teils aus der Kindelosigkeit Bernus, Kaulla`s und Riedlingers rührt (auch der jetzige Besitzer ist kinderlos), teils darin, dass das Hofgut die auf dasselbe gesetzten Erwartungen nie erfüllte.

In der Oberamtsbeschreibung ist zu lesen: das Gut, welches einen fruchtbaren, jedoch teilweise düngerbedürftigen Sandboden hat, erfordert im Allgemeinen etwa ein Fünftel mehr Aussaat, als die im Tal gelegenen Felder. Auch ist der Ertrag, mit Ausnahme des Hafers und Roggens, welche sehr gut gedeihen, um ein Fünftel geringer als in den Talgegenden. Es ist deshalb wohl eine Übertreibung, wenn Griesinger in seinem geographischen Lexikon berichtet:

"Als das Kirchengut zum Staat geschlagen wurde, kam Roseck in Privathände und Hofrat Eick machte aus der unfruchtbaren Heide um die Burg herum eine der schönsten und fruchtbarsten Hofgüter, die man sehen kann. Auch die dem Verfall nahen Schlossgebäude ließ er wieder herstellen.

Jetzt ist die Besitzung eine der Schönsten im Lande".

Dies kann schon wohl deshalb nicht ganz stimmen, da Ökonomierat Karl Friedrich Eick (Hofrat wurde er erst später) das Gut schon nach 2 Jahren wieder veräußerte. Was Eick von Haus aus war, konnte ich trotz der von Hofprediger Dr. Grüneisen gelesenen Grabrede nicht ermitteln, da diese keinen Lebenslauf enthält. Wir ersehen hieraus nur, dass er von 1780-1837 lebte und ein sehr unruhiger, umtriebiger, vielseitiger Mann war, der alles Mögliche unternahm.

Aber bei seinem Schwanken der Stimmung zwischen Ebbe und Flut sich einem anderen Unternehmen zuwandte und ihm Roseck verleidet war, welches er mit großem Verlust verkaufte. Denn er hatte wohl viel verbaut, und noch einen 34 Morgen großen Wald (Rosecker Wäldle) vom Staat um 1504 Gulden und einen ¾ Morgen großen Baumgarten von Gemeinderat Gottlieb Schnaidt dazugekauft. Trotzdem erzielte er nimmer den Ankaufspreis von 1824.

Jedenfalls scheint er sehr reich gewesen, wahrscheinlich war er studierter Landwirt und Weingutsbesitzer in Suttgart, allwo er auch langjähriger Bürgerausschussobmann war. Ferner wissen wir von seiner Erbauung der Anlagen beim Canstatter Bad im Sulze Rain und von seinen großen Verdiensten um den württembergischen Weinbau, die ihm den Titel Hofrat eintrugen. Er war Gründer des württembergischen Weinbauvereins und gab eine Schrift: "Dank- und Sendschreiben an die Stuttgarter Winzerzunft" heraus. Als Dichter veröffentlichte er Gedichte. Eines davon veröffentlichte die Zeitschrift des Weinbauvereins in ihrer Jubiläumsnummer anlässlich des Weinbaukongresses in Heilbronn, aus dem diese Schlußverse stammen:

Sei willkommen Himmelsgabe
Du des Württembergers Labe
Köstlich, süßer Neckarwein
Allen guten, die Dich bauen
Und auf ihren Gott vertrauen
Schenken wir den Becher ein

Dank dem Himmel für den Segen
Für die Sonnen, für die Regen
Für der Traube Süßigkeit
Aus des armen Winzers Mühen
Möge ihm der Wohlstand blühen
Lächle uns die gold`ne Zeit

Eicks Vorschläge zur Verbesserung des württembergischen Weins seinen an dieser Stelle gewürdigt.

Wahrscheinlich hat er den einzigen, zu Roseck gehörenden Weinberg (neben dem alten Rosecker Steigle) angelegt und zwar mit einer Edelsorte, dem Clevner.

Der Geistliche rühmte an seinem Grabe:

"Es sind viele edle Unternehmungen, zu welchen er schon vorbereitend mitgewirkt, heilsame Anstalten, an welchen er nah und ferne mitgestaltet, treffliche Erzeugnisse des heimatlichen Bodens oder fremder Gebiete, welchen er Aufnahme, Veredlung und Verbreitung verschafft."

Ganz anderer Gemütsart war sein Nachfolger Rudolf Bernus , Bürger von Frankfurt, Sohn eines Großkaufmanns und Schiffsherren, geboren 1788 in Bremen. Sein Vater war mehrfacher Millionär. Im Gegensatz zu Eick war er eine ruhige, gesetzte Natur, der sich ganz der Bewirtschaftung des Gutes widmete und äußerst selten Roseck verließ bis zu seinem tragischen Tod im Jahre 1850. Er war der einzige Schloßherr, der auf Roseck starb und in Unterjesingen begraben wurde. Alle anderen ruhen fern des Gutes. Sein efeuumsponnenes Grabmahl, einfach wie er selbst war, bleibt wohl als Denkmal dieses edlen Mannes und Menschenfreundes für alle Zeiten erhalten. Das Hochkreuz meldet den ihn ehrenden Spruch: "das Gedächtnis des Gerechten bleibt im Segen". Schon im ersten Jahr seines Hierseins stiftete er 150 Gulden Schulgeld für armer Leute Kinder, 1839 weitere 100 Gulden für 5 der bedürftigsten Hausarmen, deren Zinsen am Todestag der Mutter des Stifters verteilt werden sollen. Ferner 2000 Gulden am 1.Januar 1849, deren Erträgnisse am Todestag des Stifters in Portionen von 5 Gulden an bedürftige Arme gegeben werden sollen. Alle Kinder von Unterjesingen und Pfäffingen beschenke er am Neujahrstag mit einem Groschen, wenn sie kamen, um dem guten Onkel das Neujahr zu wünschen. Wenn er heute noch lebte, er hätte sicher sein volles Verständnis für den 8 Stundentag bekundet.; denn er sorgte dafür, dass die Gutstagelöhner 2 Stunden, von 11 bis 1 Uhr Mittagspause hatten und um 6 Uhr Feierabend bekamen. Danach durfte niemand mehr, selbst in der Erntezeit, arbeiten. Seinen Gutsnachfolger Benz holte er schon als 14-jährigen Jungen aus dem Waisenhaus. Ließ ihn auf seine Kosten in der Landwirtschaft ausbilden, worauf er Verwalter und durch Testament Besitzer Rosecks wurde. Von ihm und seinem Nachfolger Benz sind gute Portraits von Lithograph Schlotterbeck Tübingen erhalten. Trotzdem Bernus eine vornehme, edle Natur war, wurde er von den streng Gläubigen scheel angesehen, denen er als Freimaurer galt. Unter sein Bild schrieb im Jahre 1848 eine Frau: " dass Du ungerne betest, das zu glauben wird mir schwer, jenes Zucken Deiner Lippen kommt wohl nicht vom Beten her". Es war dies wohl die Äußerung einer Gemütskrankheit, zu der der Grund durch den plötzlichen Tod seiner Braut gelegt wurde. Sie soll vom Blitz erschlagen worden sein, weshalb er Roseck kaufte, um in ländlicher Ruhe seine Nerven in Ordnung zu bringen. Dies Gemütskrankheit und ein unheilbares Unterleibsleiden, das sich nach der Sektion als Darmverengung erweis, trieben ihn in den Tod. Er stürzte sich vom Fenster seines Wohnzimmers in den Hof. Zuvor sorgte er noch für seinen Nachfolger, indem er eine Kiste Gold von Frankfurt kommen ließ. Auf die Frage seines Verwalters Benz, warum er das tue, da doch genügend Geld vorhanden sei, soll er geantwortet haben:

"Es ist nicht genug, dass ich dir den Hof schenke, Du musst auch Geld haben, um darauf fortzukommen". Im Jahr 1848 ließ er ein großes Loch in eine Mauer brechen, um im Zeichen des Franzosenschrecks seine Gold- und Silbersachen zu verbergen.

Dieses Loch wurde später als geheimer Gang gedeutet, der nach Bebenhausen führen soll.

Sein Nachfolger Leonhard Benz verkaufte schon nach 11 Jahren das Gut wegen Kränklichkeit und erwarb dafür ein Haus in Stuttgart. Er hatte wohl 2 Söhne, die allzu flotte Studenten waren und des Vaters Hoffnungen nicht erfüllten. Einer derselben starb an Wundstarrkrampf, den er sich bei einer Mensur (Fechten) zugezogen hatte, den anderen ein berühmter Säbelfechter, der Landwirtschaft studierte, führte sein Geschick nach Amerika, wo er als Techniker ein tüchtiger Hafenerbauer wurde.

1861 erwarb Ökonom Konstantin Riedlinger von Rottenburg (Katholik) den Hof, der auch in Rottenburg eine Gutswirtschaft besaß und beide Betriebe gleichzeitig leitete. Er führte den Hopfenbau ein und betrieb ihn im Großen. Zu diesem Zweck ließ er den Eichenwald an der nordwestlichen Grenze roden und 1864 ein vierstockiges Hopfentrockenhaus erbauen. Während das vormals arme Unterjesingen, das schon 1851 den Hopfenbau aufnahm, durch diesen zu Wohlstand gelangte, verlor Riedlinger mehr Geld damit als er verdiente, da er meist unglücklich mit ihnen spekulierte. Bernus soll Benz in seinem Testament geraten haben, nie mehr als 2 Pferde zu halten. Diesen Rat befolgte Riedlinger nicht, er hatte seine besonderen Kutschpferde und lebte über seine Verhältnisse, so dass er zum Verkauf des Gutes gezwungen war.v

Der neue Besitzer, Alfred Kaulla, Bankdirektor von Stuttgart (Israelit) ließ den Hof durch Verwalter Guoth bewirtschaften, der schon bei Riedlinger Verwalter und ursprünglich Hirschwirt in Effringen war. Nach ihm übernahm sein Sohn Heinrich Guoth die Gutsleitung, zuerst als Verwalter Kaullas, dann durch Kauf vom 27. September 1898 als Nachfolger. Unter Kaulla wurde das Rosecker Sträßchen gebaut und das große Baumfeld von Guoth angelegt. Guoth betrieb hauptsächlich Milchwirtschaft, er hob den Viehbestand, der gewöhnlich 20 Stück Rindvieh umfasste, auf 36 Milchkühe und produzierte bis zu 360 Liter Milch am Tag. Er ließ die Wasserleitung von den Enzbachquellen aus erbauen Das Vertrauen seiner Mitbürger berief den allgemein geachteten und angesehenen Mann in den Landtag, in dem er der deutschen Partei beitrat. Schon im Alter von 41 Jahren starb er am 09. Juni 1909. Seine Witwe verkaufte das Gut am 26. August an K. Kinzy und R. Kinzy, von denen aber nichts Rühmenswertes zu berichten ist. Frau Guoth war gezwungen das Gut 1914 wieder zurück zu nehmen und die Wirtschaft weiter zu betreiben, die Kinzy eröffnet hatte. Sie verkaufte hierauf das Anwesen am 8.Mai an den jetzigen Besitzer, Seifenfabrikant Oechsle in Plochingen, der als Katholik die Kapelle im ehemaligen Park erbaute. Unter ihm wurden ferner die Nebengebäude an Stelle des ehemaligen Wehrumgangs umgebaut, die Stützmauer ausgebessert, die Wasserleitung umgebaut, die alte Turmuhr durch eine neue ersetzt und eine große moderne Obstdarranlage eingerichtet.

Rechtsverhältnisse zwischen Roseck und den Einwohnern zu Unterjesingen:

Im Kaufvertrag von 1824 stand: die Bürger in Jesingen sind verbunden, Hand- und Spannfronen wie sie nach Lagerbuchherkommen gefordert werden können, auf dem Gut zu leisten. Nach dem Lagerbuch, das im 30 jährigen Krieg die Kaiserlichen 1634 vernichteten und das 1672 wieder neu festgelegt wurde, mußten die Jesinger alles Brennholz und Reisig zu Roseck hauen und liefern, auch spalten und aufsetzen, die Herrenwiese in der Frohn mähen, heuen und öhmden und einführen gegen Verköstigung. Dies bestand in einer Morgensuppe, mittags in Suppe, Gemüse und Fleisch oder einer Schüssel Knöpflin. Eine Mannsperson hatte täglich ½ Maß Wein, eine Weibsperson ¼ Maß anzusprechen. Die Mannspersonen sollten die Erbhuldigung getan haben, die Weibspersonen mindestens 15 Jahre alt sein.

Die meisten Einwohner Jesingens waren dem Ritter, später dem Kloster und dem Staat gegenüber leibeigen, d.h., es war dies eine besondere Form der Besteuerung. Jede leibeigene Person mußte zum Gedächtnis der Leibeigenschaft, so lange sie leben, von ihrer Verheiratung an alle Jahre auf Lichtmeß eine Henne, die sog. Leibhenne auf Martini an die Klosterpflege abliefern.

"Welche Frau auch zur Zeit Sammlung solcher Leibhennen in Kindbett liegt oder nahend auf dem Ziel ist, derselbigen wird auf daselbige mal die Henn außer Gnaden wiederumb geschenkt", doch drehte ihr der Hühnervogt , der die Hennen einsammelte, den Kragen um, damit sich die Kinbetterin eine fette Suppe davon machte. Auch bei Hochzeiten erhob die Herrschaft ihre Gebühren, man nannte sie "Brautlauf" oder "Gürtelgewandt".

"Des Klosters Leut, sowohl zu Jesingen als auch in anderen Flecken geben bei ihrer Verheiratung die gebräuchliche Salzscheibe- später nit in natura, sondern sie verglichen sich und gaben als Ersatz eine Geldsummer, meist drei Gulden, die der Rosecker Pfleger einzog ...

Wegen der Leibeigenschaft der Pflege Roseck ist aber zu wissen, dass die Kinder nit von den Vätern, sondern allein von ihren leiblichen Mütter leibeigen sind."

Es war also nicht wie in anderen Orten, wo die "Luft leibeigen macht", d.h. alles was in den Flecken zog, ob Mann oder Weib, leibeigen war. In Jesingen betrug einmal die Zahl der Leibeigenen 71, darunter 15 verheiratete Männer, 15 verheiratete Weiber und 41 Kinder. Außerdem mußte jedes Haus, öffentliche und Beamtengebäude ausgenommen, jährlich 1 Vogthuhn auf Burg Roseck geben. Starb der Leibeigene, so wurde er von der Herrschaft verhauptrechtet, d.h. der Herr der Leibeigenen trat als Erbe auf. Das Kloster zog von jedem 100 Pfund Wert von Mannsvermögen einen Gulden und von Frauen von 100 Pfund Heller ein Pfund Heller oder 43 Kreuzer.

Die Gassenwirte hatten das 13. Maß oder Geldersatz als Umgeld abzuliefern.

Diesen Lasten gegenüber standen auch Gerechtigkeiten. So waren die Jesinger berechtigt ihre Schafe auf die Winterweise zu treiben, die ehemals nicht angebaut war (die Anbaufläche der ehemaligen Staatsdomäne betrug nur 43 Morgen), sondern als Gras-, oder Weideland benützt wurden. Allerdings hatten die Rosecker Pächter dafür das Recht, 64 Stück Schafe auf die Sommerweide in Jesingen zu treiben.

Auch hatten die Jesinger das Recht auf Bau-, Brenn-, Zaun-, und Wirkholz, Viehwaldwiese, Laub- und Grasrechen, Stein-, Sand- und Lehmgraben, Ernteweiden, Baumstützen und Stotzen. Ebenso hatte die Gemeinde das Recht des Wasenstechens auf der Winterhalde und im Häselloch. Mit den Wasen wurden im Herbst die Weinberge "bezogen" d.h. die Rückseite des Schenkelkopfs bedeckt, zum Schutze gegen das Erfrieren. Alle diese Rechte, soweit sie nicht schon abgelöst waren, wurden durch gegenseitige Verträge 1824 geregelt und aufgehoben. Dagegen konnten die Jesinger im Hirschhaldenwald stechen, der ursprünglich zu Roseck gehörte (43 Morgen), aber 1679 gegen 15 Morgen Wald am Himbach mit dem Staat umgetauscht wurde.

Die Inhaber der Hirschhaldenweinberge, die das Recht hatten, unentgeldlich Pfahlholz zu hauen, erhielten dafür ein Pfahlgeld von der Pflege Roseck. Dieses Recht kam durch den Tausch in Wegfall. Alle Schönbuchgerechtigkeiten wurden 1819 abgelöst. Die Gemeinde erhielt dafür 175 Morgen Wald, hinter der Herrenwiese, im Schrannenhäule und im Kimmigrain, als freies Eigentum.

Welcher Art die Gefälle waren, die von der Klosterpflege eingezogen wurde können wir heute noch aus den Lagerbüchern ersehen. Nach einer Mitteilung der württ. Archivdirektion befinden sich im Staatsarchiv Stuttgart 80 Lagerbücher über Roseck und seinem Verwaltungsbezirk, weiteres Material liegt im Staatsfilialarchiv Ludwigsburg. Doch ist auch aus Verkaufsbüchern, wie sie wohl jedes Rathaus noch aus älterer Zeit besitzt, ist zu ersehen, was alles eingezogen wurde.

Es gab auch steuerfreie Weinberge oder war nur jährlich eine halbe Henne zu liefern , wahrscheinlich der Geldbetrag dafür, die andere halbe Henne war vom Nachbar zu bezahlen. Drückender als die genannten Abgaben war die Ablieferung eines Teils des Ertrags als Zins für vielleicht schon vor Jahrhunderten aufgenommenen Kapitalien.

Es gab immer mehr kleine Teilweinberge mit einemeinen dementsprechend niedereren Verkaufswert. Die Hegnabronner Weinberge hatten noch einige Maß Forstwein zu entrichten, da sie teilweise auf gerodeten Flächen lagen.